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Herangehensweisen 

Nachdem die Entscheidung für eine Herangehensweise gefallen ist, beginnt der Umsetzungs- und Einführungsprozess. Diese wurden innerhalb einer Interviewstudie in einem Zeitraum von August 2021 bis März 2022 von 19 Experten identifiziert. Die Ergebnisse wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet. Wie auch das GHG-Protokoll thematisiert, haben Unternehmen verschiedene Möglichkeiten externe Daten von Partnern der Wertschöpfungskette zu erheben. Hierbei spielen Primärdaten von Lieferanten insbesondere bei wirtschaftlichen bedeutsamen Produkten eine wichtige Rolle.  

Die Umsetzung kann auf verschiedene Arten erfolgen, wobei die Umsetzungskapazität eine entscheidende Rolle für die Lösungsrealisierung spielt.

Systeme und Plattformen: Unternehmen können Carbon Management Systeme und Datenaustausch-Lösungen von Systemanbietern erwerben oder mieten. Vor dem Markteintritt besteht die Möglichkeit, an Pilotprojekten teilzunehmen und innovative Technologien wie blockchain-basierte Plattformen zu testen. Externe Unterstützung durch den Systemanbieter kann bei der Einführung erfolgen. Alternativ kann eine Lösung intern entwickelt werden, sofern die angebotenen Technologien nicht mit den Unternehmenszielen übereinstimmen oder eine individuelle Positionierung am Markt angestrebt wird. Dies erfordert ausreichende Kapazitäten.

Internet of Things (Geräte): Wenn das Unternehmen das Internet of Things vorantreibt, sind der Erwerb von Geräten und Infrastrukturen erforderlich.

Bei Entscheidung für eine Technologie von einem Systemanbieter besteht die Möglichkeit, diese selbstständig oder mit Unterstützung einzuführen. Je nach Komplexität der Technologie und den internen Ressourcen kann externe Unterstützung notwendig sein, beispielsweise durch externe Experten oder Beratungsunternehmen für die Integration von Internet of Things-Geräten und Sensoren sowie die Anpassung der Datenerfassungs- und Analyse-Systeme.

Für die Integration der Technologie müssen Unternehmen diese an ihre IT-Systeme anbinden, vorhandene Daten migrieren und Prozesse anpassen. Es ist entscheidend, Ressourcen bereitzustellen, um die internen Grundlagen für ein Scope 3 Carbon Accounting zu schaffen. Mitarbeiter sollten motiviert und ausreichend geschult werden.

Technologische Einführung: Die ausgewählten Geräte und Software müssen technisch installiert und nahtlos an vorhandenen Systemen und Datenquellen integriert werden. Dies ermöglicht einen effizienten Datenaustausch und -analyse. Die Implementierung muss den datenschutzrechtlichen Anforderungen und Compliance-Vorgaben bezüglich CO2-Daten und Geschäftsdaten entsprechen. Bei bestehendem Carbon Accounting System im Unternehmen sollten Daten im Altsystem berücksichtigt und vorbereitet werden, um die Qualität des Scope 3 Carbon Accountings zu verbessern. Bei geringem Digitalisierungsstand im Unternehmen ist eine vorherige Digitalisierung von Daten und Prozessen erforderlich.

Organisatorische Einführung: Um eine effiziente Umsetzung sicherzustellen, sollte auf bestehende Strukturen und Prozesse aufgebaut werden (BMUB 2017). Unternehmen sollten Verantwortlichkeiten festlegen, entweder zentral bei einem Experten, einem Team oder einer Abteilung, oder in Form eines interdisziplinären Teams aus Vertretern verschiedener Abteilungen.

Personelle Einführung: Zusätzlich zur strategischen Verankerung der Verantwortung ist die Motivation und Schulung des Personals entscheidend (BMUB 2017). Schulungen sind notwendig, um das Verständnis für komplexe Technologien aufzubauen und Fachwissen aufzubauen. Der Aufbau von Kompetenzen erfordert Ressourcen und Engagement. Große Unternehmen können besonders von internem Wissen profitieren, um die Komplexität der Datenbewertung zu bewältigen, während kleine und mittlere Unternehmen sich auf relevante Aspekte konzentrieren können. Die Schulung des Personals im Umgang mit der Technologie gewährleistet eine effiziente Nutzung und minimiert potenzielle Fehler.

Sofern es sich bei der ausgewählten Technologie um eine unternehmensübergreifende Lösung handelt, erfordert ihre Implementierung nicht nur die Einführung im eigenen Unternehmen, sondern auch eine aktive Integration in die Prozesse der Datenlieferanten. Dies stellt eine entscheidende Komponente dar, die es Unternehmen ermöglicht, Emissionen entlang der gesamten Lieferkette zu erfassen, zu überwachen, zu steuern und zu reduzieren. Um diese zu realisieren, identifizieren Unternehmen jene Lieferanten, die für ihre Scope 3 Emissionen von wesentlicher Bedeutung sind. Dies können beispielsweise Datenlieferanten sein, die die meisten Emissionen verursachen oder in strategisch wichtigen Bereichen tätig sind. Anschließend fordern Unternehmen von ihren Lieferanten Informationen über deren Emissionen an. Hierzu treten die Unternehmen mit ihren Direktlieferanten in Kontakt und laden sie zur Teilnahme an der Technologielösung, beispielsweise einer blockchain-basierten Plattform, ein. In diesem Zusammenhang gibt es zwei Herangehensweisen: Kollaboration und Monitoring.

  • Beim Kollaborationsansatz arbeiten Unternehmen eng mit Lieferanten, Partnern und Kunden zusammen, um Daten über Emissionen und Umweltauswirkungen auszutauschen (Asif et al. 2020). Diese Zusammenarbeit ermöglicht eine bessere Transparenz und Identifikation von Maßnahmen zur Emissionsreduzierung.
  • Der Monitoring Ansatz hingegen setzt auf Mechanismen zur Überwachung der Emissionen in der Lieferkette, um sicherzustellen, dass Nachhaltigkeitsziele erreicht werden (Asif et al. 2020). Die Zusammenarbeit bei der Datenerfassung und -überwachung unterstützt die Einhaltung von Vorgaben.

Abhängig von den gesammelten Daten nutzen Unternehmen unterschiedliche Berechnungsmethoden, wobei aus den Interviews deutlich wird, dass die Berechnungen eher generischer Natur sind. Das heißt: Wenn Unternehmen keine lieferantenspezifischen Daten vorliegen, werden Sekundärdaten aus bestimmten Quellen ausgesucht. Diese Datenbanken sind öffentlich oder privat für Unternehmen zugänglich. Sie werden von Dienstleistern angeboten. Aber auch wissenschaftliche Publikationen werden genutzt. Dies nimmt im Verhältnis zur CO2-Menge eines Produkts jedoch viel Zeit in Anspruch. Allerdings sind sie für Unternehmen bei bestimmten Warengruppen essenziell, da keine anderen Daten vorliegen.

Quellen:

Asif, M. S., Lau, H., Nakandala, D., Fan, Y., & Hurriyet, H. (2020). Adoption of green supply chain management practices through collaboration approach in developing countries–From literature review to conceptual framework. Journal of Cleaner Production, 276, 124191.

BMUB (2017). Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lieferkettenmanagement. Praxisleitfaden für Unternehmen.

Mayring, P. (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Beltz. Weinheim, 4, 58.